Von dir, du liebe kleine Stadt,
Die mich vier schöne Jugendjahre
In Lust und Leid erzogen hat!
Noch einmal seh’ ich scheidend rückwärts,
Noch einmal sucht mein trüber Blick
Den Embachstrand im Sonnenglanze,
Das ewig frohe Burschenglück.
Der Dom, der Fluss, das kleine Städtchen,
So freundlich liegt’s schon lange da,
Und doch, wie scheint’s mir jetzt so anders,
Als da zum ersten Mal ich’s sah.
Denn schöner als der Strahl der Sonne
Schmückt es mit immer neuem Glanz
Von herrlichen Erinnerungen
Ein voller, farbenreicher Kranz.
Von Wein und Eichenlaub und Rosen
In reicher anmutsvoller Pracht,
So ist der Kranz, der um mein Dorpat
Den schönsten, liebsten Rahmen macht;
Und fragt ihr, wer den Kranz gewunden,
So lieblich, mit so viel Geschick?
- Es waren lauter jungen Herzen,
Beseelt von frischem Jugendglück.
„Das Weinlaub ist zu stark vertreten,“
Spricht des Philisters mahnend Wort.
Nein, nein, das lass’ ich mir nicht nehmen,
Dann wär’ ja aller Zauber fort!
Sieh nur, wie frisch die Zweige ranken
In tollem, übermüt’gem Schwung,
Und lächle ob des frohen Wahnsinns –
Man ist ja doch nur einmal jung!
Das Eichenlaub in dunkler Fülle
Bedeutet ersten Geistes Kraft,
Der für das Wohl des grossen Ganzen
In liebevoller Treue schafft;
Bedeutet ernstes, kühnes Streben,
Denn das war unser teures Gut,
Für Recht und Wahrheit einzustehen
Mit freiem Wort, mit freiem Mut.
Und nun die Rosen? Ja, die Rosen,
Die deute jeder, wie er will;
Ich mein’ nicht grade Weiberaugen
Und Händedruck und Liebesspiel;
Ich meine, wie die Ros’ im Kranze
Verschönend ihren Zauber übt,
So ist es auch des Freundes Liebe,
Die unserm Streben Weihe gibt.
Mit Wein und Eichenlaub und Rosen
Beglänzt vom Sonnenjugendstrahl,
So will ich mir das Bildnis schmücken
Der Musenstadt im Embachtal;
Und dass der Kranz mit seinen Farben
Nicht bleichen kann der Zeiten Flug,
Das weiss ich wohl, weil er schon lange
Im tiefsten Herzen Wurzel schlug.
Und nun zu scheiden und zu wandern,
Vom Land der Jugend fortzuziehn,
Womöglich nüchterner Philister
Zu sein mit jugendwarmem Sinn –
Glaubt mir, man fühlt erst recht, wie innig,
Wie treu man Dorpats Lust geliebt,
Wenn man mit kaum verhalt’nen Tränen
Zum Abschied stumm die Hände gibt.